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Hinterm Mond 2023
Hinterm Mond 2023
4. Tag der Science-Fiction-Literatur in Ostfriesland
im Kulturspeicher in Leer
Sonnabend, 7. Oktober 2023, 15 Uhr
mit Thorsten Küper, Aiki Mira, Jol Rosenberg und Gerhard Wiechmann.
Zum vierten Mal wird der Kulturspeicher in Leer/Ostfriesland bei »Hinterm Mond 2023« zum Treffpunkt von Science-Fiction-Fans aus ganz Deutschland. Den 4. Tag der SF-Literatur am Sonnabend, 7. Oktober, gestalten Thorsten Küper (Herne), Aiki Mira (Hamburg) und Jol Rosenberg (Berlin), die aus ihren Werken lesen werden, sowie Gerhard Wiechmann (Oldenburg), der einen Vortrag über Reichsflugscheiben und Nazi-Ufos halten wird.
Veranstalter von »Hinterm Mond« ist der Journalist Norbert Fiks. Er hat seine zahlreichen Kontakte ins deutsche Science-Fiction-Fandom genutzt, um ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine zu stellen. Dieses Mal wird aktuelle SF deutscher Autorinnen und Autoren mit einem historischen Thema in Kontrast gesetzt.
»Hinterm Mond 2023« im Kulturspeicher in Leer beginnt am Sonnabend, 7. Oktober, um 15 Uhr. Karten zum Preis von 15 Euro können online unter blog.fiks.de/hinterm-mond bestellt werden.
Thorsten Küper, Jahrgang 1969 und im Hauptberuf Lehrer in Herne, schreibt seit Anfang des Jahrtausends Kurzgeschichten für Anthologien und Magazine wie Nova, Exodus, c’t und Spektrum der Wissenschaft. Mehr als 20 Mal wurde er für den Kurd-Laßwitz-Preis und den Deutschen Science-Fiction-Preis nominiert. 2019 gewann er die beiden begehrten Preise mit seiner Kurzgeschichte »Confinement«. Thorsten organisiert seit 2010 mit seiner Frau Kirsten Riehl virtuelle Lesungen in Second Life, bei denen bisher rund 250 Schriftsteller, Verleger, Herausgeber, Künstler und Musiker aufgetreten sind. Gemeinsam mit Frederic Brake moderiert er die Fantastiktalkshow »Talkien«, zu sehen unter www.youtube.de/BrennendeBuchstaben.
Aiki Mira lebt in Hamburg und – nach eigenen Angaben – in der Science-Fiction. Gleich drei Storys von Aiki wurden 2022 für den Deutschen Science-Fiction-Preis und für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert. Das hat vorher niemand geschafft. Mit der Story »Utopie27« gewann Aiki beide Preise. Zusammen mit den beiden Künstlern Uli Bendick und Mario Franke gab Aiki die Anthologie »Am Anfang war das Bild« heraus, die 2022 ebenfalls für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert war und den zweiten Platz erreichte. Im zu Ende gehenden Jahr 2022 erschienen zudem zwei SF-Romane von Aiki: »Titans Kinder. Eine Space-Utopie« sowie »Neongrau. Game Over im Neurosubstrat«. Im Web: www.aikimira.webnode.page
Aiki Mira – Foto: Aiki Mira
Jol Rosenberg landete 1976 auf der Erde und lebt in Berlin. Jol bloggt auf www.jol-rosenberg.de mit dem Schwerpunkt deutsche Science-Fiction und schreibt vorwiegend in diesem Genre. Kurzgeschichten erschienen in Anthologien und Zeitschriften, unter anderem in Queer*Welten, c’t und der Anthologie Future Work. Jols Romandebüt »Das Geflecht. An der Grenze« erschien im Herbst 2022 im Verlag ohneohren, darauf folgt im Herbst 2023 – und hoffentlich rechtzeitig zu »Hinterm Mond 2023« – ein Roman-Zweiteiler, ein Hope-Punk-Werk, beim Verlag Plan9. Jols Markenzeichen: der Hut.
Gerhard Wiechmann, Lehrbeauftragter an der Carl-von-Ossietzky-Universität, ist Experte für Militär-, Marine- und Filmgeschichte mit einem Faible für die Science-Fiction und speziell der SF-Filme der DDR. »Perry Rhodan« war die Einstiegsliteratur, mit Claus Ritters »Kampf um Utopolis« von 1989 begann sein historisches Interesse an SF. 2022 wurde Gerd nicht nur über Konzepte deutscher »asymmetrischer« Kriegführung im 19./20. Jahrhundert habilitiert, sondern es wurde auch sein Buch »Von der deutschen Flugscheibe zum Nazi-UFO« veröffentlicht, das sich mit den »Metamorphosen eines medialen Phantoms« befasst. Möglicherweise wird das Thema ausgebaut unter dem Aspekt einer Geschichte der Military-SF.
»Hinterm Mond 2023 – 4. Tag der Science-Fiction-Literatur in Ostfriesland« wird veranstaltet von Norbert Fiks, Wagnerstraße 25, 26789 Leer.
Dieter Bohn, sein Zef’ihl und stolze Nerds
Am 25. und 26. März 2023 findet in Trier in der Messeparkhalle die Proud Nerd Convention statt. Autor Dieter Bohn hat sich dort einen eigenen Stand gegönnt und wird auch seinen Roman »Der Zef’ihl, der vom Himmel fiel« (AndroSF 124; der zweite Zef’ihl ist noch in Vorbereitung) präsentieren. Trier ist nicht für jeden Fan der nächste Weg — wer das Buch trotzdem haben möchte, bekommt es auf den üblichen Wegen bei den bekannten Verdächtigen.
Kommt uns bekannt vor
Nein, nicht das Buch. Aber der Ablauf. Da war ein Verlag, der zwei Bücher einer – zunächst vermeintlichen – Trilogie, möglicherweise auch einer Serie verlegt, und dann, als der dritte Band ansteht, aufgibt. Kein Interesse mehr. Die genauen Argumente, warum der Heyne-Verlag den dritten Band um die Friesenhexe der Autorin Karla Weigand nicht veröffentlichen wollte, kennen wir nicht. Interessieren uns auch nicht. Nicht zuletzt aufgrund der vorhandenen umfangreichen Kontakte mit ihrem Gatten Jörg Weigand, aber auch aufgrund der schon erfolgten Veröffentlichung des Romans »Kommissar Lavalle und der Seinemörder« in unserem Imprint »Zwischen den Stühlen« war irgendwie naheliegend, dass wir nun auch den dritten Band um die Friesenhexe, nämlich »Die Friesenhexe in der Neuen Welt« veröffentlichen dürfen. Und es ist uns eine Freude, den Band in einer Aufmachung zu präsentieren, die es Sammlern leicht machen wird, den dritten Band als Vervollständigung einer Trilogie oder eben einer Reihe – wir schließen nicht aus, dass es noch einen vierten Band geben wird – zu erstehen und in die Sammlung zu integrieren.
Die Geschichte selbst ist eine Fortsetzung der Handlung aus Band 1 und 2, ohne dass die Kenntnis der ersten beiden Bände nötig ist, um Band 3 zu verstehen und zu genießen. Es sind alle nötigen Erklärungen enthalten, und die Geschichte spielt diesmal in der Neuen Welt, im Amerika anfangs des 18. Jahrhunderts.
Zur Abwechslung mal Fantasy?
Sein Brot verdient der gute Klaus N. Frick mit Science-Fiction, mit der größten und am längsten laufenden Serie der Welt: Perry Rhodan. Und dass sein Musikgeschmack nicht einseitig ist, aber einen deutlich erkennbaren Schwerpunkt Punk zeigt, ist bestens bekannt. Weniger bekannt ist Klaus‘ »Karriere« als Fantasy-Autor, obwohl er in diesem Genre mit »Sardev – Der Schatten des Friedens« und »Das blutende Land« auch schon professionelle Veröffentlichungen vorzuweisen hat.
Dass seine Geschichtensammlung »In Clanthons Auftrag« in der p.machinery erscheint, hat durchaus einen Hintergrund. Die Geschichten um seine Figur Ghazir en Dnormest, die im Lande Clanthon auf der Alten Welt Magiras eine Rolle spielt, handeln von einem adeligen Clanther, einem Mitglied des EinhornClans. Und unser Verleger war auch einmal Mitglied in dieser EinhornClan genannten Arbeitsgruppe FOLLOWs im Fantasy Club e.V. …
Aber keine Bange: Die Geschichten sind nichts nur für FOLLOW-Insider, ganz im Gegenteil. Sie sind Fantasy reinsten Wassers und sie funktionieren einwandfrei auch ohne jegliche (Vor-) Kenntnisse Magiras und FOLLOWs.
Der Stricker, auch im Radio
Heinrich »Tiny« Stricker wird sich am 17.03.2023 ab 20 Uhr auf Radio LoRa mit seinem Buch »London, Pop und frühe Liebe« beschäftigen. Im »Literaturverhör« geht es um die Geschichte, die Zeit, in der sie spielt, und sicher auch um die Musik, die im Buch ja auch eine Rolle spielt. (Man darf wohl davon ausgehen, dass die Musik zum Teil auch zu hören sein wird.)
Radio LoRa ist ein Münchner Lokalsender (LoRa = Lokalradio) und ist auf UKW 92,5 MHz in Südbayern zu empfangen – und deutschland-, gar europaweit im Netz auf www.lora924.de. Wiederholt wird die Sendung noch am 20.03.2023 um 15 Uhr. Und danach wird die Sendung hier auch zum Download bereitstehen.
Zum zweiten Mal: Das Künstlerbuch »Die Gelehrtenrepublik« von Arno Schmidt
Die Präsentation der bibliophilen Ausgaben des Romans, einige geschwätzigen Ausführungen zur Entstehung des Künstlerbuches sowie die Lesung ausgesuchter Passagen aus dem Kurzroman vom Grafiker, Buchkünstler, Dichter, Schauspieler und ›Erforscher des tellurischen Kabinetts‹ (© Elisabeth Einecke-Klövekorn) Thomas Franke, mit wohlgesetzten Unterbrechungen durch den Musiker Matthias Höhn,
am Samstag, den 18. März 2023,
um 17.00 Uhr,
in der Parkbuchhandlung
(Am Michaelshof 4b, 53177 Bonn, Telefon: 0228 352191)
Arno Schmidt (1914 –1979) arbeitete vor dem Krieg als Graphischer Lagerbuchhalter in Greiffenberg / Schlesien, nach Kriegsdienst und Gefangenschaft schließlich als Übersetzer und Schriftsteller. Seit 1949 erschienen zahlreiche von ihm geschriebene Romane, Erzählungen und literarische Radioessays. Arno Schmidt erhielt 1973 den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main verliehen.
Der Gegenstand dieses Abends ist Arno Schmidts Kurzroman aus den Roßbreiten, »Die Gelehrtenrepublik«. Erstmals 1957 erschienen, spielt er in der Welt fünfzig Jahre nach einem Atom-, dem Dritten Weltkrieg. Der Roman schildert in Tagebuchform die Reise des amerikanischen Journalisten Charles Henry Winer im Jahre 2008 durch einen von Mutationen bevölkerten »Hominidenstreifen« in Nevada zu der im Pazifik treibenden künstlichen Insel IRAS (International Republic for Artists and Scientists), auf welcher – unter ebenso gleichberechtigter wie rivalisierender Verwaltung durch die Russen und die Amerikaner – die letzten Geistesgrößen aus Wissenschaft und Kunst Zuflucht gefunden haben. Der Erzählstil des Romans erinnert im Tonfall an klassische Schelmenromane, – und aus der Position eines Schelms, der einen anderen Schelm auf seiner Wanderung beobachtet, macht der Illustrator Thomas Franke viele weitere Details dieser Welt sichtbar, Details, die der Schriftsteller nicht erzählte oder selbst nicht entdeckt hatte, oder die symbolisch, allegorisch und metaphorisch neue surreale Erlebnisse in der Schmidtschen Welt präsentieren.
Mit der von Franke reich illustrierten und gemeinsam mit Michael Haitel gestalteten sowie als Künstlerbuch aufwendig hergestellten, bei p.machinery edierten Neuausgabe des Romans erweist sich Franke als ein Liebhaber des Schmidtschen Humors und seiner bissigen Ironie, weswegen er bei der Gestaltung des Künstlerbuches nicht zurückstehen wollte: die Bücher wurden in CABRA gebunden, ein Material, das sich anfühlt als würde man einer Zentaurin aus dem »Hominidenstreifen« das Fell streicheln.
Seit 1979 ist Franke als freier Grafiker, Buchkünstler und Illustrator z. B. für den Suhrkamp-, den Heyne-, den Goldmann-Verlag, für p.machinery und viele andere tätig. Für seine buchgestalterische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet – ebenso für seine Arbeit als Schauspieler. Neben der Bühnenarbeit bestreitet er seit beinahe vierzig Jahren Lesungen. Er liest Hörbücher ein, produziert selbige, arbeitet als Sprecher für den Hörfunk und spielt in Fernseh- und Filmproduktionen.
Die Buchausgaben wurden gefördert durch ein Künstlerstipendium im Rahmen der NRW-Corona-Hilfen.
Arno Schmidt
DIE GELEHRTENREPUBLIK
Kurzroman aus den Roßbreiten
Illustriert von Thomas Franke
Fulminant Fantastische Folianten 1
p.machinery, Winnert, September 2022, 246 Seiten (incl. 25 Farbseiten, davon 7 Ausklappseiten), Hardcover mit Cabra-Bezug und Blindprägung
Normalausgabe: ISBN 978 3 95765 302 4 – EUR 99,90 (DE)
Vorzugsausgabe (limitiert auf 111 Ex., davon 100 Ex. im Verkauf, mit nummerierter Digigrafik im Einleger und im Schuber): ISBN 978 3 95765 303 1 – EUR 222,00 (DE)
[VDS] So ergreifend wie eine Ampelphase
Aus dem VDS-Infobrief vom 13.03.2023:
Literatur, die auf keinen Fall wehtut, die nicht mehr leistet als eine Gesinnung des reinen Herzens zu bestätigen, solchen Kitsch gibt es zuhauf. Das sind Geschichten, so ergreifend wie die Ampelphasen an der Bundesstraße. Bei unseren Enkeln landen wir damit nicht: „Omi, lies ruhig weiter vor, ich hör sowieso nicht zu.“ Riskieren wir mal beim Blättern in den Neuerscheinungen unserer Buchhandlung die Frage: Wollte ich mir daraus vorlesen lassen? Zugegeben, der Wettbewerb mit den Verkehrsampeln wird immer härter. Schreiben darf bald nur noch, wer sich keiner kulturellen Aneignung schuldig macht. Also Vorsicht: keine von Weißen verfassten Geschichten aus dem dunklen (!) Kontinent, von wegen Jenseits von Afrika, Frau Blixen: so nicht! Und daraus dann noch Filme machen, Herr Redford, Frau Streep, was denken Sie sich dabei? Um es mal klar zu sagen: Über den Gattenmord darf nur schreiben, wer ihn bereits begangen hat, Krimis gibt es nur noch von Kriminellen, also von Mördern, Päderasten, Vergewaltigern. Und diese werden sich gefälligst zusammenreißen und das Ganze in bekömmlicher Sprache verfassen! Nicht etwa – man stelle sich das vor! – da könnte jemand unangenehm berührt worden sein. So wie im echten Leben, Schreck lass nach. Aber vielleicht ist hier eine Warnung angebracht: Eine Gesellschaft, die es nicht mehr fertigbringt, Huckleberry Finn im unverfälschten O-Ton zu veröffentlichen, wäre möglicherweise der Mühe nicht mehr wert, sie überhaupt noch vor irgendwas zu beschützen. Wer nicht zum Risiko bereit ist, durch Worte der Anderen zum eigenen Denken animiert zu werden, auch wenn es noch so schmerzt, der lebt wahrscheinlich sowieso auf dem falschen Planeten. (Oliver Baer)
[KLP 2023] Sieben
Nicht auf einen Streich, denn es sind die Nominierungen zum KLP 2023, die just veröffentlicht wurden. Aber immerhin ist die p.machinery mit sieben Nominierungen vertreten: 1 Roman, 2 Erzählungen, 2 Cover, 1 Sachtext und eine Nominierung für den Sonderpreis, den Cheffe gerne gemeinsam mit Thomas Franke für die Veröffentlichung des Prachtbuchs »Die Gelehrtenrepublik« von Arno Schmidt gewinnen würde.
Udo Klotz, Schirmherr des KLP, hat noch verraten, dass auf der Longlist weitere 2 Romane, 13 (!) Erzählungen und 1 Cover zur Nominierung standen; sie wurden nicht oft genug vorgeschlagen. Und eine Sonderpreisnominierung hatte Cheffe abgelehnt, da sie vorsah, ihm allein den Preis für die »Gelehrtenrepublik«-Veröffentlichung zuzusprechen — was angesichts der fulminanten Arbeiten eines Thomas Franke auf gar keinen Fall akzeptabel war, weshalb er sie eben ablehnte (und vorschlug, sie in eine Nominierung für Thomas und ihn gemeinsam umzuwandeln, was dann auch geschah).
Die gesamte Liste der Nominierungen findet sich hier. Die Nominierungen für die p.machinery sind hervorgehoben.
[VDS] Problemlöser*innen und Drogensüchtig:innen
Aus dem VDS-Infobrief vom 13.03.2023:
Gleich zwei Stilblüten haben in dieser Woche die Twitter-Welt in Gender-Verzückung geraten lassen. Emily Vontz (SPD), mit 22 Jahren das jüngste Mitglied des Bundestags, hielt kürzlich ihre erste Rede. Neben den Inhalten hatte die Twitter-Gemeinde jedoch nur Augen für ihre übertriebene Gestik („War die früher Verkehrszeichen auf einer Kreuzung?“ @politikfluid) sowie das gesprochene Gendersternchen. Sie sprach von Problemlöser(Pause)innen und Problemsucher(Pause)innen und zog damit den Spott auf sich. „Ist das eine Theater-Veranstaltung?“ fragte @be_joli verdutzt, @MatthiasWirth2 sieht in ihr die „Bestbezahlte Schülersprecher*in des Landes“, und @TSievers5 resümiert „Vor lauter Moral weiss man gar nicht was die Dame gesagt hat – war wohl nicht so wichtig.“
Der RBB berichtet indes von einem Drogenmobil für Drogensüchtig:innen in Berlin-Wedding. Hier wollte man sich wohl besonders „woke“ (also aufmerksam bzw. sensibel) zeigen, auch wenn den Betroffenen das korrekt gesetzte Genderzeichen vermutlich herzlich egal sein wird. Dass das Gendern hier komplett nach hinten losgegangen ist, scheint den RBB nicht zu stören – trotz massiver Kritik auf Twitter reagiert der Sender nicht auf diesen Griff ins sprachliche Nichts. (twitter.com/VDS, twitter.com/VDS)
[VDS] Literatur ist nicht Pizza, sondern Zumutung
Aus dem VDS-Infobrief vom 13.03.2023:
Es gibt bereits Verlage, die Klassiker wie Mark Twains Tom-Sawyer-und Huckleberry-Finn-Romane nicht mehr veröffentlichen würden – wegen ihrer „anstößigen“ Passagen. Literaturhaus-Chef Professor Rainer Moritz hält herzlich wenig davon, dass Verlage Gebrauchsanweisungen zum Konsum ihrer Produkte veröffentlichen: „Die Angst, irgendjemandem mit irgendwas auf die Füße zu treten, breitet sich in den letzten Jahren auch hierzulande so aus, dass man am Verstand der Beteiligten zweifeln muss.“ Selbstverständlich sagten Figuren in einem Roman Dinge, die jedenfalls nicht die Meinung des Autors wiedergeben. Da treffe man „permanent auf Menschen, die Seltsames, Anstößiges, Widerliches oder Misogynes äußern – so wie das Menschen betrüblicherweise im ‚wirklichen‘ Leben tun.“ Die Verlage würden ihre Leserschaft für dumm verkaufen, wenn sie meinen, sie müssten eigens darauf hinweisen. Literatur sei keine Tiefkühlpizza, betont Moritz, die den Warnhinweis benötigt, dass die Plastikfolie zu entfernen ist, bevor man die Margherita in den Ofen schiebt.
Offenbar fürchten die Verlage Kloakenstürme in den sozialen Medien, wenn sie keine Inhaltswarnungen geben. „Wenn man diese Haltung zu Ende denkt, darf es künftig keine Romane ohne seitenlange ‚Warnungen‘ mehr geben“, sagt Moritz, denn in fast allen ernsthaften Romanen werde gemeuchelt, gemordet, gesoffen, gedealt und gehurt. Moritz verweist auf einen verbreiteten Irrtum im Umgang mit Kunst. Wer gut schreibt, müsse noch lange kein „moralisch integrer oder politisch klug daherredender Zeitgenosse“ sein. Man verfüge als Autor „nicht automatisch über ein besseres Urteilsvermögen als eine Installateurin oder ein Abendblatt-Redakteur.“ Davon abgesehen agierten auch Schriftsteller stets in einem bestimmten historischen Kontext. So aufgeklärt sie auch sein mögen, sie erliegen den Irrtümern und Fehleinschätzungen ihrer Zeit. So fragt sich Moritz, ob „die Sprach- und Textpolizisten unserer Tage gar nicht auf den Gedanken kommen, in zwanzig, dreißig Jahren könnte man ihre Anschauungen als überholt und verfehlt ansehen.“
Auf die Frage, was er von Romanen halte, in denen allein das Moralisch Gute und Schöne seinen Ausdruck findet, meint Moritz, er kenne keine literarisch satisfaktionsfähigen Romane, die so gestrickt seien. Es sei denn, man stelle sich das Dasein wie eine „Traumschiff“-Episode vor. Eine „Alles wird gut“-Haltung habe in der Literatur jedenfalls nichts verloren. Das allerdings müsse einen nicht hindern, in der Edition von Kinderbüchern Sorgfalt walten zu lassen. Man könne sehr wohl Begleittexte anbieten, um verständlich zu machen, warum etwa ein „Negerkuss“ lange Zeit als unbedenkliches Wort galt und warum man das heute anders sehe. Aber Moritz hält es für indiskutabel, „historische Texte zu glätten oder uns heute als anstößig Vorkommendes zu tilgen.“ Das wäre eine völlige Verkennung dessen, was Literatur, was Kunst ist. „Das heutige Besserwissertum gegenüber Texten oder auch Gemälden aus früheren Zeiten hat etwas Unerträgliches und es zeugt von immenser Selbstgerechtigkeit.“
Thomas Andre fragt im Hamburger Abendblatt: Demnach mache die Wokeness die Kunst kaputt? Darauf Moritz: „Wenn Wokeness übergriffig wird und wenn deren Wortführer glauben, im Besitz der alleinseligmachenden Wahrheit zu sein, kann sie gefährlich sein.“ Dann könne sie die Kunst töten. Kunst ist, „wenn sie Kunst ist, immer eine Zumutung“, sagt Moritz. Wenn das „Zigeunerschnitzel“ von den Speisekarten verschwindet, sei das kein kultureller Verlust. Es sei jedoch fatal, „wenn eine kleine Minderheit im Bewusstsein, moralisch und intellektuell Recht zu haben, glaubt, ihre Auffassung anderen oktroyieren zu können.“ (abendblatt.de (Bezahlschranke))